Unendliche Weiten und nirgends Huemuls 2

Noch immer auf der Ruta 40, aber erstmal zu El Chaltén. Wenn man dort ankommt, wird man zunächst über die Verhaltensregeln im Nationalpark Los Glaciares informiert. Alles, was man mit hinein nimmt, auch wieder raus, Hunde aus dem Dorf abschütteln, bevor man das Dorf verlässt, denn sie jagen die Huemuls, nicht in Panik geraten, wenn man auf einen Puma trifft.
Danach ging’s ab zu Anita, die uns Unterkunft gewährte. Die Wohnung war zwar etwas zu groß für uns beide, aber wir bezahlten nur für zwei.


Einmal Hund sein in El Chaltén! Wo, wenn nicht hier? Wohlgenährt den ganzen Tag herumstreunen, die Kumpels treffen, raufen, spielen, in der Sonne liegen und schlafen. Gelegentlich mit Herrchen oder Frauchen Gassi fahren, ja so ist das. Man geht mit dem Hund nicht raus, man fährt. Der Hund rennt neben oder hinter dem Auto her. Hundeleinen? Wozu soll das gut sein?


Den Rest des Tages haben wir damit verbracht, für den nächsten Tag einzukaufen, die Ausrüstung für’s Camping zu besorgen, zu essen, Kaffee zu trinken und das Essen für den nächsten Tag zu kochen.

Wir haben uns auch unseren ersten Mate zubereitet. Also mir war das erstmal zu bitter. Lena fand den Geschmack gar nicht schlecht, aber diese Krümel im Mund seien so, als würde man Tabak trinken. Vielleicht haben wir auch irgendwas falsch gemacht. Na, wir werden das nochmal versuchen.
Vollbeladen wanderten wir dann am darauffolgenden Tag los, in Richtung Cerro Fitz Roy. Meistens ging es bergauf, vorbei an großen Felsen, durch Wälder, Steppen, Wiesen, an Seen entlang, über Bäche, bis zum Zeltplatz Poincenot. Dieser ist nach einem Bergsteiger benannt, der bei dem Versuch den Rio Blanco zu überqueren, ertrank. Dort nahmen wir eine kleine Mahlzeit ein, bauten das Zelt auf und wanderten dann weiter in Richtung Laguna de los Tres, am Fuße des Fitz Roy, der einst El Chaltén genannt wurde.

Wir überquerten bald den Rio Blanco, der mitlerweile bequem über eine Brücke zu passieren ist. Man kann hier übrigens aus allen Seen und Flüssen trinken. Deshalb ist es nicht nötig, tonnenweise Wasser mitzuschleppen.

Zuvor noch wolkenlos, so war der Fitz Roy jetzt von einer Wolke umgeben, als würde er rauchen. Bald ging es es steil bergauf. Schilder warnten vor der Gefährlichkeit des Weges, besonders bei Wind, Regen und Schnee. Und dann kam der Wind und etwas Regen. Die Baumgrenze lag schon hinter uns. Der Fitz Roy lag nun hinter den vorgelagerten Bergen verborgen. Dann kam der Schnee, aber nicht vom Himmel, der lag schon. Wir kamen über den ersten Kamm, der Wind machte eine kurze Verschnaufpause. Der wolkenverhangene Gipfel war wieder in unserem Blickfeld, nur, dass wir ihn nicht sehen konnten, weil er eben in einer Wolke steckte.

Hinter dem nächsten Hügel müsste die Lagune doch sein? Einmal kurz durch den Schnee und hinauf. Jetzt wieder Wind, viel Wind und stark. Kein klarer Weg führte mehr durch das Geröllfeld. Hinter dem Hügel wieder keine Lagune. Ein großes Schneefeld am Fuße des Fitz Roy. Ist sie das? Hinter dem nächsten Hügel ist sie bestimmt. Lena will nicht mehr weiter, also gehe ich allein. Noch einmal kurz hinab und dann hinauf durch das Geröll. Und dann lag sie da, halb zugefroren in einem kleinen Tal. Die Lagune, der leider sehr verhangene Fitz Roy, das Panorama. Unbeschreiblich! Geschafft!


Der Rückweg war nicht weniger windig, ging aber viel schneller. Er hätte auch sehr schnell gehen können, denn wir wurden fast weggeweht. Nun schnell noch das Essen aufwärmen. Wir haben etwas Neid auf uns gezogen, weil der Curry-Reis so gut aussah und praktischerweise nicht mehr gekocht werden musste. Nun wurde es schnell sehr kalt und die Dämmerung setzte ein. Wir verkrochen uns nach dem Essen ins Zelt und sobald es dunkel war, waren wir eingeschlafen.


Am nächsten Morgen klingelte um 5:30 Uhr der Wecker, kurz vor Sonnenaufgang. Wir krochen, nach einer kalten Nacht aus dem Zelt. In der Nacht hörte es sich die ganze Zeit so an, also würde das Zelt vom Wind bald abheben, aber es bewegte sich kein Stück. Wir hätten vielleicht doch lieber auch die Schlafsäcke mieten sollen, aber irgendwie waren uns zu dünne, aber eigene Schlafsäcke doch lieber – zumindest vor dieser Nacht. Die Sonne begann bereits den Cerro Fitz Roy in ein postkartenverdächtiges Morgenrot zu tauchen. Komischerweise kam außer uns nur noch ein anderer Kerl aus dem Camp auf die Idee den Sonnenaufgang zu betrachten. Wir gingen danach noch eine Runde schlafen und er wanderte los zur Lagune.


Wir packten schnell zusammen, brachen das Zelt ab und wanderten los, Richtung Basiscamp vom Cerro Torre. Dieser Berg ist zwar nicht so hoch wie der Fitz Roy, galt aber lange als unbesteigbar. Leider stellte ich nach einer Weile fest, dass ich das Zeltgestänge vergessen hatte. Also musste ich wieder zurück. Vorbei am See, durch den Wald, an der Kreuzung nach links, über das Wasser, durch die Büsche, über Schotter, durch den Wald. Der Beutel mit den Stangen hatte die Farbe des Waldbodens, aber ich fand ihn trotzdem. Und wieder zu Lena! Wald, Schotter, Büsche, Wasser, rechts, Wald, See, Lena.
So, dann konnte es also weiter gehen. Zumindest weiter als gedacht. Auf der Karte sah das irgendwie kürzer aus. Wir kamen wieder durch einen Wald und später in einen anderen Wald mit relativ kleinen Bäumen, von denen etwa 50% vertrocknet waren. Dieser lag in einem Tal. Dort gab es dann die Wegkreuzung, an der man sich für den Cerro Torre oder El Chalten entscheiden konnte. Wir entschieden und für El Chalten. Nun waren wir auch an einer Stelle, von der aus man den Torre hätte sehen können, aber an diesem Tag zog er es vor sich in Wolken zu Hüllen und eine lustige UFO-Wolke aufzusetzen.

Also nichts wie ab zu Anita und vielleicht auf dem Weg doch noch ein Huemul treffen, einen dieser vom Aussterben bedrohten patagonischen Hirsche. Oder einen Puma! Also gut, bei dem Puma waren wir uns nicht so sicher, ob wir das wirklich wollten. Wir brauchten noch Stunden zurück, füllten noch einmal unsere Wasserflaschen in einem See auf und trafen ungefähr zehn Mal das gleiche Paar. Sie überholten uns, machten Pause, also überholten wir sie, dann sie wieder uns und so weiter. Sogar als wir wieder in El Chalten waren, sind sie uns noch einmal über den Weg gelaufen. Wir hätten viel lieber ein Huemul gesehen oder eben doch einen Puma! Daraus wurde aber leider nichts.


Am folgenden Tag verließen wir das kleine Bergsteigerdorf in der Früh mit dem Bus in Richtung Perito Moreno, nicht zu verwechseln mit dem Perito Moreno Gletscher. Elf Stunden Busfahrt entlang der Ruta 40, aber eben nicht wie Ché mit dem Motorrad.

Die Landschaft sieht die meiste Zeit so aus: Wir sind auf der Schotterpiste, dann kommt ein Wildzaun, danach Steppe mit kleinen Büschen und Sträuchern, vielleicht dahinter noch ein See und dahinter die Anden.

Tiere gibt es auch viele, z.b. Guanacos und Ñandús. Letztere verfangen sich gerne in den Wildzäunen und verenden dort. Sie sind ja nun mal Laufvögel und versuchen in Panik über die Zäune zu springen, was aber nicht gelingt. Daher säumen recht viele Kadaver und Gerippe die Straßenränder. Meist hängen sie noch im Zaun. Leider ist es nicht möglich, lebende oder tote Exemplare zu fotografieren. Dafür sind entweder wir oder sie, also zumindest die Lebenden, zu schnell. Man sieht aber auch Schaf-, Kuh- und Pferdeherden. Die Schafe kann man während der Fahrt manchmal kaum von Steinen unterscheiden. Gelegentlich halten wir an einer Tankstelle in einem Ort, irgendwo im nirgendwo und können uns Empanadas oder Krach-itos kaufen, also Kartoffelchips. Eine Tankstelle hatte auch Kerosin im Angebot, aber weit und breit konnte ich kein Flugzeug entdecken. Vielleicht fährt ja der Bus mit dem Zeug – bei dem Wind!

Gestern Abend kamen wir dann in dem Nest Perito Moreno an. Wir kamen im Hotel Belgrano unter, dass seine  besten Zeiten eindeutig hinter sich hat. Wir schliefen in einem Vierbettzimmer, zusammen mit einer Mutter und ihrer Tochter, die vielleicht 14 Jahre alt war. Sie kamen aus Kanada und wollten vier Monate durch Südamerika reisen. Wir hatten ein Zimmer mit Bad gebucht, aber nachdem wir festgestellt haben, dass da nichts funktionierte, wurde uns das vom Typen an der Rezeption bestätigt. Es gab ja schließlich auch noch auf dem Gang ein Bad.

Wir haben uns dann in einer Bäckerei noch ein Riesenschweineohr gekauft und sind in eine Bar gegangen, wo ein Konzert einer wahrscheinlich argentinischen Schnulzensängerin von DVD auf Leinwand lief. Die Texte waren wirklich herzzerreißend und es war zum Glück auf englisch untertitelt.


Jetzt sind wir wieder im Bus, auf dem Weg nach Bariloche. Am Wegesrand sieht man häufiger kleine oder etwas größere Schreine für Gauchito Antonio Gil, den Schutzpatron der Fernfahrer. Egal, welche Größe sie auch haben, rot sind sie immer. Auch unser Busfahrer hat einen passenden Talisman im Fenster hängen.

Wir fahren jetzt noch etwa drei Stunden, acht haben wir heute schon hinter uns. Ihr lest von uns in Bariloche!

Daniel

2 thoughts on “Unendliche Weiten und nirgends Huemuls

  1. Gert Nov 27, 2012 21:52

    Hi guys…muchachos,
    Gebe Uta jetzt eure Berichterstattung zur Lektüre . Save Trip!!! Cu soon Grüße von Susi,die gerade vom E-Sprechtag kommt 🙂

  2. Gert Nov 28, 2012 12:00

    Hi guys…muchachos,
    Gebe Uta jetzt eure Berichterstattung zur Lektüre . Save Trip!!! Cu soon Grüße von Susi,die gerade vom E-Sprechtag kommt 🙂

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