Von Pinguinen und ihren Freunden

In El Bolson haben wir fast die ganze Zeit am so genannten „Platz der Liebenden“ verbracht! Also wir haben ihn so genannt, weil dort immer mindestens ein knutschendes Teenagerpärchen innig umschlungen auf der Wiese lag. Wir taten es ihnen nicht gleich, saßen gesittet auf einer Bank und lasen. Das taten wir mehrfach am Tag, stundenlang.

El Bolsons größte Attraktion ist ein so genannter Hippie-Markt – also die haben den so genannt. Dort wird allerhand Schnickschnack verkauft, allerdings ist der so interessant und der Markt so groß, dass er sich nach etwa fünf Minuten komplett erschöpft hat. Also bleibt einem nichts weiter, als den größten Teil des Tages auf diesem kleinen Platz zu verbringen. Zwischendrin waren wir natürlich auch noch was essen und wir haben einen kleinen Spaziergang unternommen, waren dann wieder auf unserem Lieblingsplatz, dann Einkaufen, Platz, Jacke holen, Platz, Eis essen, Platz, Biergarten suchen, alle zu, Platz, Gepäck holen, Bus. Puh, geschafft. Mach’s gut El Bolson. Deine Tage sind echt lang!

Na, schon mal im liegen gestanden? Nein? Wir auch nicht, bis Don Otto kam. Don Otto war so freundlich, uns gegen Bezahlung von El Bolson nach Puerto Madryn mitzunehmen. Er hatte auch Abendessen mit dabei. Das konnte man zwar eigentlich nicht essen, aber immerhin. Die Sitze in der Semi-Cama (Semi-Bett) Klasse konnte man auch schön weit zurückklappen, aber leider rutschten wir immer wieder so weit runter, dass wir mit unseren Füßen auf der Fußstütze standen. Also standen wir im Liegen. Das ist eine interessante Erfahrung, die allerdings der Erholung nicht unbedingt zuträglich ist. Die Fahrt in diesem Bus war aber doch irgendwie unterhaltsam. Immerhin gab es hochwertige Film-Unterhaltung, wie „Habt ihr das von den Morgans gehört“. Also gehört habe ich das schon, und zwar viel zu laut. Der nächste Film war dafür Stumm, bis auf das Finale, mit viel Action. Da schliefen aber eigentlich schon alle. Hach, wunderbares Timing, Herr Otto.

Eine Stunde vor unserer Ankunft fuhren wir durch die Stadt Trelew. Hinter der Werbung für die „Lotería del Chubut“ lag das Ghetto! Sollte das nun als Ausweg oder als Drohung verstanden werden?

Da die Fahrt nur elf Stunden dauerte, wurden wir auch schon wieder morgens um 7:00 aus dem Bus geworfen und begaben uns auf die Suche nach unserem Hostel. Das war schnell gefunden, aber unser kleines Apartment noch nicht bezugsfertig. Also sind wir erstmal los, um sowas wie Frühstück zu finden und dann hinterher auf den örtlichen Pier zu spazieren. Dort passierte das, wovon wir schon gehört hatten, was wir bis zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht für möglich hielten. In Küstennähe tummelte sich ein Wal und wir konnten ihn sehen, ohne uns in ein Boot gesetzt zu haben! Puerto Madryn, das nenne ich eine schöne Begrüßung!

Das sollte aber nicht die letzte Begegnung mit dieser Art in der Gegend um Puerto Madryn gewesen sein. Am nächsten Tag fuhren wir auf die Peninsula Valdéz, um Bekanntschaft mit einigen Tierarten zu schließen. Zunächst war es uns hier endlich möglich, Ñandús und Guanacos zu fotografieren.

Dann ging es aufs Boot zum Wale beobachten. Zunächst wurden alle Leute in sehr modisches Ölzeug gesteckt und dann instruiert, doch bitte nicht auf eine Seite des Bootes zu stürmen, nur weil dort ein Wal auftaucht. Klingt nach einem vernünftigen Ansatz! Wir fuhren los und machten uns auf die Suche nach diesen riesigen Vertretern des Southern Right Wale (Südkarper). Und plötzlich, da, Backbord, ein Wal. Was passiert? Alle Passagiere stürmten an Backbord. Dem Boot schien das nicht viel auszumachen, aber eng und voll war es jetzt schon irgendwie, was dazu führte, dass immer, wenn der Wal auftauchte, kräftig die Sicht versperrt wurde, obwohl man kurz zuvor noch einen recht perfekten Platz sein Eigenen nannte. Nachdem die Walmutter und ihr Baby einige Male wieder aufgetaucht waren, hatten sich die Leute aber wieder beruhigt und blieben auf ihren Plätzen. Aber der Anblick war weiterhin allerliebst und mit viel „Oohhh“ und „Aaaahhhhh“ begleitet.

Danach ging es wieder ab in unseren kleinen Bus, zur nächsten Attraktion, den Magelan-Pinguinen, von denen wir an einem anderen Tag aber noch viel mehr sehen sollten. Und wieder weiter, zu den See-Elefanten, von denen aber ebenfalls noch mehr auf uns warteten. Nun, sie warteten vielleicht nicht direkt, aber sie robbten auch nicht weg. Und wieder weiter, auf zu den Orcas. Die warteten aber nicht! Stattdessen bekamen wir aber eine schöne Landschaft zu sehen.

Am nächsten Tag mussten wir wieder früh aufstehen, für unsere nächste Tour. Das sollte sich auch während unsres gesamten Aufenthalts in Puerto Madryn nicht ändern. Irgendwie ist das kein Ort zum Ausschlafen. Wir saßen also wieder in einem kleinen Bus, zusammen mit zwei Italienern und einer Polin, die wir alle schon vom Vortag kannten. Die Polin wohnte auch in unserem Hostel. Wir hielten sie für permanent schlecht gelaunt, aber sie stellte sich doch noch als recht kommunikativ und aufgeschlossen heraus. Also los zu den Delphinen! Da wir aber die Einzigen waren, die diese Bootstour gebucht hatten, mussten die Anderen auf uns warten. Da hatten wir schon irgendwie ein schlechtes Gewissen, weil es etwas regnete und es in dem Ort, wo das Boot abfuhr wirklich nicht viel zu sehen gab. Als wir jedoch die Delphine sahen, war unser schlechtes gewissen wie weggeblasen. Die Delphine stehen irgendwie auf die Wellen, die schnelle Boote hervorrufen. Sie werden davon angelockt. Daher war es durchaus praktisch, dass noch ein anderes Boot auf Delphintour war. Sie umkreisten uns und die Delphine sprangen um das andere Boot herum und umgekehrt. Also unser Boot fuhr um das andere Boot herum. Irgendwann mussten wir uns dann aber von den Delphinen verabschieden. Es warteten ja noch ein paar Leute auf uns – und die Pinguine!

In Punta Tombo gibt es die größte Kolonie von Magelan-Pinguinen weltweit. Diese Vögel sind nur 45 cm groß, wenn sie ausgewachsen sind. Im November ist Brutzeit. Als wir dort waren, waren die meisten Kücken seit etwa zwei Wochen geschlüpft und versteckten sich unter ihren Eltern. Es gibt dort 250000 Nester, mit je einem Elternpaar und zwei Kücken, also etwa eine Million Pinguine. Jeder männliche Pinguin baut in seinem Leben nur ein einziges Nest. Es führen angelegte Wege durch das Gebiet, damit man die niedlichen Kleinen nicht zu sehr stört und auch keine Nester kaputt macht. Pinguine haben immer Vorrang! Also wenn ein Pinguin den Weg kreuzt, heißt es warten. Das kann auch mal etwas länger dauern. Einige Pinguine sind etwas faul oder haben ihr Nest verloren. Dann versuchen sie ein anderes Nest zu erobern und es kommt zum Streit. Das führt dann zu einer ordentlichen Schlägerei, wie wir beobachten konnten. Wir hatten dort einen Aufenthalt von zwei Stunden, aber das war viel zu kurz! Es war einfach viel zu schön unter Pinguinen zu sein!

Unsere Tourbegleitung Valerie hatte natürlich wie immer Mate dabei und so tranken wir im Bus Mate und wurden noch etwas über die argentinischen Verhältnisse aufgeklärt, z.B., dass niemand den Banken traut und die Leute das Geld lieber unter der Matratze horten und dass man als Argentinier nachweisen muss, wie man das Geld verdient hat, wenn man mehr als 1000 Pesos auf einmal ausgibt.

Wieder im Hostel hatte ich noch etwas Zeit, mich mit Gabriel, der zusammen mit seiner Frau das Hostel betreibt, etwas über Fußball und die Zeit vor dem argentinischen Staatsbankrott zu unterhalten, als man noch einen Dollar für einen Peso bekam und es auch für Argentinier erschwinglich war, nach Europa zu reisen.

Der nächste Tag hielt ein weiteres großes Abenteuer für uns bereit: In Neopren-Anzüge gepresst, sprangen wir nach einer kurzen Bootsfahrt in den kalten Atlantik, tummelten uns mit Seelöwen und ließen sie an unseren Händen knabbern.

Den Rest des Tages verbrachten wir am Strand und hatten dann noch Zeit ein wenig Salat mit Zapatillos zu essen, einem Gemüse, ähnlich wie Zucchini, aber etwas süßer.


Am Abend besuchten wir ein Restaurant am Pier, dass eher von Einheimischen als von Touristen besucht wird. Auf Kanal 3 lief Fußball (Es stand im Spiel Col:Arg 3:0, aber es waren Clubs, nicht etwa Kolumbien gegen Argentinien) und auf Kanal 26 so eine Zusammenstellung der besten Youtube-Videos mit dem Namen „Las imágenes más espectaculares“ als so eine Art Nachrichtenformat verpackt. Fernseher gab es in diesem Restaurant mehr als genug und so waren die zahlreichen Kellner auch gut beschäftigt, wenn gerade nicht so viele Gäste bedient werden mussten. Über diese Videos amüsierten sie sich köstlich und wir machten mit. Lena versuchte es beim Essen diesmal mit Bife de Lomo und ich hatte eine Parilla bestellt: Vier Innereien, eine Blutwurst, eine Chorizo und drei Stück Fleisch auf einem kleinen Grill auf dem Tisch. So etwa ab 21:00 füllte sich das Restaurant so nach und nach. Fast alle Gäste wurden mit Handschlag oder Küsschen begrüßt. Es ging insgesamt recht familiär zu. Auch kleine Kinder werden hier zu dieser Zeit noch mit ins Restaurant genommen. Es ist auch normal, dass Eltern mit Kleinkindern noch um Mitternacht auf der Straße spazieren. Wir mussten jedoch bald ins Bett, denn auch an unserem letzten Tag in Puerto Madryn mussten wir früh raus.

Diesmal ging es nach Punta Ninfas. Dort verbrachten wir ein paar Stunden am Strand zusammen mit See-Elefanten Weibchen und ihren Babys. Dazu gab es Mate und schönsten Sonnenschein, ein schönes patagonisches Abschiedsgeschenk!

Daniel

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